Die Befürworter von Cloud Computing erheben einen universellen Anspruch: Schließlich zähle nicht wo, sondern wie die Daten verarbeitet, gespeichert und gesichert werden. Daher könnten Firmen Rechenleistung oder Dienste jederzeit da zukaufen, wo das Preis-Leistungsverhältnis am günstigsten ist. Das gelte jedoch nicht nur für Endanwender, sondern auch für Anbieter von Diensten aus der Cloud: Auch sie könnten ihre Angebote da laufen lassen und von dort aus anbieten, wo es für sie gerade am vorteilhaftesten ist. Soweit die Theorie.
Die Praxis sieht aber etwas anders aus. Zum einen ist das Verschieben der Daten bei Weitem nicht so einfach, wie das die Cloud-Propheten versprechen. Das liegt nur bedingt an der Datenmenge, häufiger sind die Datenformate schuld, die dafür sorgen, dass so manches angeblich auf Standards aufgebaute Angebot dann doch recht proprietär wirkt – zumindest, wenn man sich entschließt, ihm den Rücken zu kehren.
Außerdem ist der Ort, an dem sich die Daten physisch befinden, nur technisch irrelevant. Aus juristischer Sicht macht es dagegen einen gewaltigen Unterschied, ob sie in einem Server in der deutschen Hauptstadt Berlin oder im Städtchen Berlin im US-Bundesstaat Wisconsin bearbeitet werden. Die jüngsten Eingeständnisse von Microsoft und Google, dass sie US-Behörden durchaus auch Zugriff auf Daten europäischer Bürger und Firmen gewähren, ja wegen des Patriot Act gewähren müssen, belegen dies. Selbst wer nichts zu verbergen hat, macht sich vielleicht dennoch Gedanken, wenn er Forschungsdaten oder Daten aus einer Entwicklung auswärts ablegen soll. Schließlich wäre es nicht das erste Mal, dass US-Behörden großen Firmen des Landes bei der Datenbeschaffung unter die Arme greifen.
Allerdings scheinen diesbezüglich nur deutsche Firmen in Hysterie auszubrechen – zumindest wenn man die Medienberichte zum Thema überfliegt. Interessant dürften daher die Ergebnisse einer derzeit noch laufenden Umfrage der EU zum Thema Cloud Computing werden. Mit der Online-Befragung will Brüssel strukturierte Angaben von Akteuren und interessierten Kreisen über Bedürfnisse, Hindernisse und Möglichkeiten bei der Nutzung und Bereitstellung von Cloud Computing erhalten.
Es geht aber nicht nur um ein Stimmungsbild. Die Angaben sollen die Kommission bei ihrer Arbeit an einer Europäischen Cloud-Computing-Strategie unterstützen. An dieser wird seit dem Januar 2011 im Sinne der von Vize-Präsidentin Neelie Kroes als „Digitale Agenda“ bezeichneten Leitlinien gearbeitet. Cloud ist dabei nur ein Baustein, aber ein wichtiger. Insgesamt geht es um „Europas Strategie für eine florierende digitale Wirtschaft im Jahr 2020.“ Laut Kroes muss sich die EU nicht nur Cloud-freundlich, sondern sogar Cloud-aktiv verhalten, um mögliche Vorteile auszuschöpfen.
Deutschland hat anteilig die meisten Cloud-Gegner, Österreich die meisten Cloud-Nutzer und die Schweiz ist immer irgendwo dazwischen (Grafik: Experton Group).
Im deutschsprachigen Raum haben bereits mehrere Studien Vorarbeit für die noch bis Ende August laufende EU-Befragung geleistet. Allerdings haben sie alle ihre Vor- und Nachteile. Allen gemeinsam ist, dass sie im Wesentlichen mit einer Auswahl vorgegebener Antworten arbeiten, während die EU-Befragung gerade auf frei formulierte Erfahrungsberichte und Einschätzungen Wert legt. Dennoch lohnt sich ein Blick auf einige der Studien, gibt es doch neben Gemeinsamkeiten durchaus auch Unterschiede in der Sicht auf die Cloud in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
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